Freitagnachmittag, 12:30 Uhr, ein Wohnviertel in Prishtina...wir sind bei Rudi und Olga (AM Missionare im Kosovo) im Vorgarten und schippen eine LKW Ladung Erde, damit bald eine Rasenfläche hier entstehen kann. Die körperliche Arbeit bringt endlich mal die nötige Auslastung nach einer Woche Büro- und Heimarbeit. Der Muezzin singt wie alle 4 Stunde lauthals aus den Lautsprechern der nahegelegenen Moschee, der Strom ist mittlerweile zum wiederholten Male im Viertel ausgefallen und wird heute auch bestimmt noch ein paar Mal ausfallen...in Deutschland eine völlig surreale Situation, hier in Prishtina Alltag.
Seit 10 Tagen sind wir jetzt hier im Kosovo (wer was über die restliche Ewersbachzeit oder die Fahrt hierher lesen will: www.fsjontour.wordpress.com) und solangsam gewöhnt man sich ein. Bevor hier alles gewöhnlich wird und mir nichts mehr auffällt, schreib ich euch aber noch ein paar Eindrücke.
Was direkt zuerst auffällt ist der Straßenverkehr...es ist faszinierend, wie der Verkehr hier so völlig ohne Regeln abläuft, aber doch trotzdem funktioniert. Hier wird mit engstem Abstand überholt, lebensmüde in Lücken reingedrängelt und die Rechts-vor-Links Regel wird mit der Der-Stärkere-fährt Regel ersetzt. Aber es funktioniert! Und ich würde mal behaupten es gibt hier nur genauso viele wenn nicht sogar weniger Unfälle als in Deutschland.
Wenn man so durch die Innenstadt von Prishtina läuft und sich die Leute ansieht, würde man gar nicht denken, dass es hier im Land eine Arbeitslosenquote von über 50% gibt und das durchschnittliche Monatseinkommen knapp 300 Euro beträgt: Schick gekleidete Frauen und Männer, überall Iphones und andere Apple Produkte. Hebt man dann aber den Blick, sieht das Ganze etwas anders aus: überall verfallene Gebäude, nicht isolierte Häuser, kaputte Straßen...Ziemlich schnell wird einem hier klar, dass der Schein alles zählt in dieser Gesellschaft. Wie man sich nach außen gibt ist entscheidend, was in der Familie passiert, kommt nicht an die Oberfläche. Deswegen trifft man sich auch meistens nicht zuhause, sondern in den zahlreichen Kaffees an jeder Straßenecke. Die kosovarische Gesellschaft ist sowieso ziemlich beziehungsorintiert, heißt Beziehungen sind immer wichtiger als die Arbeit und Gespräche bei Kaffee oder Tee das Wichtigste. Kann für einen leistungsgeprägten Deutschen dann schon mal hart und ungewohnt sein, wenn man um 10 zum Arbeiten kommt und erstmal eine Stunde bei Kaffee am Tisch verbringt, bevor es losgeht.
Ein Eindruck noch zum Schluss: Das Essen hier ist top. Zwar sehr fettig, aber top. Es gibt immer sehr viel mit Fleisch, oft Hackfleisch oder Kebab und immer viel Weißbrot, dass zwar nicht satt macht, aber dafür megagut schmeckt. Nen McDonalds verschnitt gibt’s hier in der Stadt auch, nennt sich Quickburger, und verkauft Menus für unter 2 Euro, die satter machen als ein 6 Euro McDonalds Menü. Wunderbar...
So, das wars erstmal mit ein paar Kosovo-Eindrücken. Wenn ich es schaffe, gibt es innerhalb der nächsten Woche auch nochmal nen Blogeintrag zur Arbeit hier.